Mit 3612 m nicht übermäßig hoch, doch nach allen Seiten mit spaltenreichen Gletschern bzw. steilen Felswänden und langen Anstiegen für den Aspiranten stets abweisend und herausfordernd, ist der Tödi im Anspruch den 4000ern der Schweiz gleichzusetzen.
Da dies den Rahmen eines Wochenendausfluges sprengt, starteten am Freitag zwei Fahrgemeinschaften bestehend aus einer Dame und sieben Herren bereits um 4:30 Uhr Richtung Süd Westen.
Die Verhältnisse vor Ort waren bekannt, viel Schnee und Wind in den vergangenen Wochen gefolgt von aktuell hohen Temperaturen, stellten an die Tourenleitung hohe Ansprüche in Bezug auf Routenwahl, Spurlage und Zeitrahmen.
So wurde es höchste Zeit, als wir um 10:00 Uhr mit der kleinen privaten Gondelbahn vom Urnerboden Richtung Fisetengrat aufbrachen. Mit dieser Aufstiegshilfe konnten wir die ersten 600 Hm und mindestens zwei Stunden Skitragen im schneefreien Gelände vermeiden. Es verblieben noch 1100 Hm in angenehmen Gelände über den Gemsfairenstock bis wir nach vier Stunden Aufstieg und einer Abfahrt die einsam gelegene Claridenhütte erreichten. Dort wurden wir von Hüttenwirtin Angi auf 2453 Metern bestens versorgt und hatten in unserem Lager eine erholsame Nacht. Noch ein letztes Mal durfte die Fünf auf dem Wecker stehen, denn der nächste Tag war mit den 3267m Clariden , dem Übergang an der Planurahütte, der Abfahrt über den Sandfirn und abschließendem Aufstieg zur Fridolinhütte über den Ochsenstock und 1450 Hm noch als Aufwärmprogramm einzuschätzen. An diesem Tag ermöglichte uns die Umsicht und Erfahrung von Hans, die traumhafte Abfahrt über den noch unbefahrenen Sandfirn und durch den Rückzug vom geplanten Aufstiegsweg, die sichere Ankunft in der Fridolinhütte trotz kritischer Lawinenlage.
Die Hütte ist der Ausgangspunkt für den Skitouristen zur Tödi Besteigung, das Wetterfenster war perfekt, dementsprechend war die Hütte mit 60 Lagerplätzen voll belegt und alle mussten ordentlich zusammenrücken. Der Komfort beschränkt sich auf drei Wasserhähne, doch ließen sich gegen harte Schweizer Franken das eine oder andere Panache erwerben, was uns den Aufschub nachhaltiger Körperhygiene leicht gelingen ließ.
In weiser Voraussicht rief uns Hans am kommenden Gipfeltag erst um 4:30 Uhr zum Frühstück (alle anderen Bergsteiger trafen sich bereits um 4:00 Uhr in der Stube), so konnten wir zum einen der Hektik des gleichzeitigen Aufbruchs von 60 Bergsteigern entgehen, wie auch den Vorteil von eingespurten Routen durch die zwei Eisbrüche auf den Bifertenfirn nutzen.
Die erste Stunde verging im Licht der Stirnlampen in angespannter Ruhe; Eine durch Eisschlag ausgelöste ca. 800 Meter lange Lawine am Nachmittag des Vortages hatte uns Allen die Ernsthaftigkeit der heutigen Unternehmung klargemacht. In den Eisbrüchen war schneller Wechsel von den Skiern in die Steigeisen gefragt und mit Disziplin und Routine war ein Großteil der „Früh-Frühstücker“ nach zwei Stunden von uns bereits überholt. Nach dem technischen Gelände war nun wieder Kondition gefragt, denn auf uns warteten noch ca. 700 Hm steiler und mäßig steiler Hänge bis wir schließlich nach 1750 Hm und knapp 5 Stunden den höchsten der drei Tödi Gipfel erreichten.
Nach Rast und Stärkung warteten nun – je nach persönlicher skifahrerischer Performance – noch einmal ca. 1:45 Stunden Vergnügen oder harter Arbeit auf uns, bis wir um 13:00 Uhr auf der Hütte das erste Panache bestellen durften. Zufriedenheit strahlte aus allen Gesichtern, und nach einer nachmittäglichen „Plumeau Stunde“ ließen wir mit verbliebenen weiteren fünf Hüttengästen diesen Traum Tag ausklingen.
Unser letzter Tag begann zu unserem Leidwesen wieder mit der berüchtigten „Vier“ auf dem Wecker, denn zum einen galt es noch einmal ca. 1200 Hm über Ochsenstock, Beggilücke und Gemsfairenstock zu bewältigen, zum anderen hatte das Wetter, wie gemeldet, umgeschlagen und wir marschierten im Nebel durch Regen und Graupelschauer. Schließlich warteten danach noch 450 Km Heimreise auf uns und einen gewissen Grad an Ermüdung mussten wir uns einfach eingestehen. Nach einigen technischen Halts wegen Ausfällen am Material, gelang uns durch technisch unterstützte Navigation und mit der Erfahrung unserer Tourenleiter um 12:00 Uhr eine Punktlandung an der Bergstation besagter Bahn und der Urnerboden hatte uns wieder.
Vier der Teilnehmer mussten 15 Jahre vorher die gleiche Tour wegen schlechten Wetters abbrechen und weiteren Versuchen wurden auch Striche durch die Rechnung gemacht. Hartnäckigkeit zahlt sich aus und Warten wird oft reich belohnt. Nach einer Stärkung machten wir uns mit der großen Zufriedenheit, die man nur nach den Strapazen einer großen Bergfahrt erleben kann auf den Heimweg. Der Dank gilt der verantwortungsvollen Umsicht von Hans und Bernd bei Planung und Durchführung, aber auch dem persönlichen Beitrag aller Teilnehmer zum Gelingen dieser Unternehmung.